Klimaneutrales Deutschland 2045
Die jüngsten Krisen wie die Corona-Pandemie und die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zeigen, dass die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft über eine hohe Widerstandskraft gegenüber solchen Schocks verfügen. Diese Widerstandskraft sowie die Wirksamkeit von politischen Maßnahmen hängen auch von dem Vertrauen in die Regierung und von der Funktionsfähigkeit staatlicher Strukturen ab. Genau dieser Zusammenhalt von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik ist auch von entscheidender Bedeutung für die kommende große Herausforderung: der Transformation Deutschlands zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit.
Im Klimaschutzgesetz verpflichtet sich Deutschland, bis 2045 Treibhausgasneutralität zu erreichen. Außerdem müssen die Emissionen bis 2030 um mindestens 65 Prozent gegenüber 1990 sinken und bis 2040 bereits um mindestens 88 Prozent. Die Energiewende spielt dabei eine Schlüsselrolle. Die Energiewirtschaft ist mit rund 30 Prozent für den größten Anteil der Emissionen in Deutschland verantwortlich. Darüber hinaus spielt der Stromsektor eine zentrale Rolle für die Dekarbonisierung anderer Sektoren. Denn große Teile der Sektoren Gebäude, Industrie und Verkehr müssen elektrifiziert werden.
Energiesofortmaßnahmenpaket zeigt erste Erfolge
Im Juli vergangenen Jahres hat der Bundestag mit dem Energiesofortmaßnahmenpaket das größte energiepolitische Gesetzespaket seit Jahrzehnten beschlossen, um den Ausbau erneuerbarer Energien konsequent voranzutreiben. So wurden der Vorrang für Erneuerbare verankert und das Ausbauziel für Erneuerbare bis 2030 auf 80 Prozent des deutschen Bruttostromverbrauchs angehoben. Die Planungs- und Genehmigungsprozesse wurden beschleunigt und die Ausschreibungsmengen angehoben. Die ersten Erfolge davon können wir bereits beobachten. Im ersten Quartal 2023 hat die neu installierte Kapazität an Photovoltaik die Erwartungen übertroffen.
Damit die Ausbauziele der Erneuerbaren bis 2030 erreicht werden, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) eine PV-Strategie und eine Windenergie-an-Land-Strategie erarbeitet. Im Mittelpunkt steht eine breite Palette an Maßnahmen, die für eine weitere Ausweitung und Beschleunigung bei der Planung, Genehmigung und beim Zubau von Photovoltaik und Windenergie an Land sorgen sollen.
Damit die Energiewende gelingt, sind auch der Ausbau und die Modernisierung der Netzinfrastruktur erforderlich. Im Energiewirtschaftsgesetz wurden dafür das Ziel der Treibhausgasneutralität im Jahr 2045 verankert und der Netzausbau beschleunigt. Am 20. April 2023 verabschiedete der Bundestag das Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende. Es soll Digitalisierung und Smart-Meter-Rollout vorantreiben, um sie bestmöglich für die beschleunigte Energiewende einzusetzen. Smart Meter sind als digitale Infrastruktur eine entscheidende Voraussetzung für ein weitgehend klimaneutrales Energiesystem mit fluktuierendem Verbrauch und Erzeugung. Sie geben zudem Verbraucherinnen und Verbrauchern bessere Informationen zum eigenen Verbrauch.
Es reicht aber nicht, alleine auf die Erneuerbaren zu blicken. Auch die Energieeffizienz muss gesteigert werden. Das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) schafft erstmalig einen sektorübergreifenden Rahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und umfasst mit der Einführung von Energie- oder Umweltmanagementsystemen sowie der Erfassung konkreter Pläne für Energieeffizienzmaßnahmen auch Maßnahmen für energieintensive Unternehmen.
Investition in die Zukunft
Die Bundesregierung weiß um die Herausforderungen, welche der Wandel zu einer klimaneutralen Wirtschaft für die Unternehmen und insbesondere für den Mittelstand darstellt. Aus diesem Grund flankieren wir die erforderliche Transformation der Wirtschaft mit verschiedenen Unterstützungsangeboten. Die ERP- und KfW-Förderprogramme nehmen hierbei eine zentrale Rolle ein. Mit Mitteln aus dem vom BMWK verwalteten ERP-Sondervermögen bietet die KfW ein differenziertes Angebot an Förderkrediten mit günstigen Konditionen für Investitions- und Betriebsmittelbedarfe an. Ich freue mich sehr, dass diese Programme sehr gut nachgefragt werden. Hierfür ist eine große Kontinuität in der Förderung wichtig, damit die Förderprogramme den Unternehmen verlässlich zur Verfügung stehen. Gleichzeitig sind wir jedoch auch bestrebt, die Programme bedarfsgerecht weiterzuentwickeln. Dementsprechend prüfen wir fortlaufend, wie die Kreditinstrumente angepasst werden können, um die deutsche Wirtschaft und den Mittelstand noch stärker bei der nachhaltigen Transformation zu unterstützen.
Aufgrund unseres umfassenden Ansatzes sind wir jedoch nicht nur in der Fremdkapitalfinanzierung aktiv. Mittelständische Unternehmen, die ihre wirtschaftliche Eigenkapitalquote stärken wollen, steht zur Finanzierung von Transformationsvorhaben auch das von Bund und Ländern geförderte Angebot an Mezzaninkapital zur Verfügung.
Ergänzend beteiligen wir uns mit dem ERP-Sondervermögen schon heute direkt an Unternehmen und Wagniskapitalfonds, die sich auf die Transformation fokussieren.
So konnte im Februar dieses Jahres der finale Zeichnungsschluss des High-Tech Gründerfonds IV (HTGF) verkündet werden. Damit kann der HTGF als Frühphasenfonds auch zukünftig Kapital für Start-ups im Bereich der Klimaschutztechnologien zur Verfügung stellen.
Zusätzlich zu den Mitteln aus dem ERP-Sondervermögen stellt die Bundesregierung seit 2021 weitere zehn Milliarden Euro für den modular aufgebauten Zukunftsfonds zur Förderung des Wagniskapitalmarktes bereit. Die Zukunftsfonds-Module richten sich insbesondere an technologieorientierte Start-ups und Wagniskapital-Fonds in der Wachstumsphase, wobei auch ESG-Kriterien berücksichtigt werden.
So leisten auch die Wagnis- und Beteiligungskapital-Instrumente einen wichtigen Beitrag zur weiteren Mobilisierung privaten Kapitals für technologische und digitale Transformationsprojekte.
Damit die Energiewende gelingt, sind auch der Ausbau und die Modernisierung der Netzinfrastruktur erforderlich. Im Energiewirtschaftsgesetz wurden dafür das Ziel der Treibhausgasneutralität im Jahr 2045 verankert und der Netzausbau beschleunigt.
Michael Kellner MdB, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz
Leasing als Finanzierungsinstrument der Energiewende
Neben dem klassischen Bankkredit und den Wagnis- und Beteiligungskapital-Instrumenten ist Leasing eine äußerst wichtige Finanzierungsform in der Unternehmensfinanzierung. Vor diesem Hintergrund fördert das BMWK seit 2014 Leasing-Finanzierungen des deutschen Mittelstands über die KfW mit den Globaldarlehen für Leasing-Investitionen, die über Banken und Leasing-Gesellschaften ausgereicht werden. Die Förderung zeichnet sich durch ein breites Spektrum an geförderten Investitionsgütern und Branchen, in denen die unterstützten Unternehmen tätig sind, aus.
Das über diesen Weg bereit gestellte Fördervolumen beträgt – mit Ausnahme des Jahres 2020 – ca. eine Milliarde Euro pro Jahr. Zwischen den Finanzpartnern und der KfW besteht somit eine sehr gute Partnerschaft. Regelmäßig kommen neue Finanzpartner für das Globaldarlehen hinzu, so dass wir in Zukunft von einem weiteren Wachstum des Zusagevolumens ausgehen.
Mit diesen staatlichen Förderinstrumenten schaffen wir Anreize für Unternehmen, sich der Transformation zu stellen und Investitionen in die Zukunft zu tätigen. Der enorme Investitionsbedarf wird jedoch vor allem durch private Kapitalgeber gedeckt werden, insbesondere da die Transformation der Wirtschaft privaten Unternehmen und privaten Kapitalgebern eine Vielzahl von Möglichkeiten bietet, um neue und profitable Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Eine sehr wichtige Rolle wird hier weiterhin Leasing spielen können. Mit einem Anteil von über 50 Prozent der außenfinanzierten Anlageinvestitionen ist Leasing als Finanzierungsform im Mittelstand nicht mehr wegzudenken. Gerade angesichts des enormen Investitionsbedarfs in nachhaltige Mobilität, Erneuerbare Energien, aber auch energieeffiziente Anlagen, Maschinen und weitere Wirtschaftsgüter kann Leasing eine zentrale Rolle bei der Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft spielen. Daher wollen wir – analog zum bestehenden Förderkreditangebot – Zinsverbilligungen für Leasing-Finanzierungen einführen, wenn das Leasing-Gut zur Transformation beiträgt.
Als Bundesregierung werden wir auch weiterhin die wirtschaftliche Transformation auf Basis der Grundprinzipien der Sozialen Marktwirtschaft aktiv flankieren und Entwicklungsmöglichkeiten gezielt nutzen.
Berlin, April 2023
Michael Kellner, Bündnis 90/Die Grünen, ist seit 2021 Mitglied des Deutschen Bundestages für den Wahlkreis Uckermark/Barnim und Brandenburg und seit Dezember 2021 Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, seit Januar 2022 Beauftragter der Bundesregierung für den Mittelstand. Der gebürtige Thüringer hat Politikwissenschaften in Potsdam, Canterbury/Großbritannien und East Lansing/USA studiert.