Innovationen stellen Steuerfachleute vor neue Aufgaben
Die Transformation der Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Digitalisierung induziert enormen Investitionsbedarf in innovative Technologien. Die Leasing-Wirtschaft ist dafür prädestiniert, diese Investitionen zu realisieren und den Transformationsprozess als verlässlicher Partner zu begleiten. Als Scharnier zwischen Real- und Finanzwirtschaft verfügen Leasing-Unternehmen über große Marktnähe und besonderes Know-how bezüglich ihrer Investitionsgüter. Wie kaum eine andere Branche können sie deshalb zur Marktdurchdringung neuer Technologien und nachhaltiger Investitionsgüter sowie zur Realisierung von Klimaschutzinvestitionen beitragen. Die Expertise der Leasing-Gesellschaften ist dabei nicht nur im Assetmanagement und in der Risikosteuerung gefordert. Auch steuerliche Fragestellungen führen immer wieder zu Herausforderungen, die es in diesem zukunftsträchtigen Geschäftsfeld zu überwinden gilt.
„Kann ich E-Fahrzeug und Batterie separat verleasen?“
Der schnelle technische Fortschritt und die ausgeprägte Innovationskraft der Branche stellen die Steuerfachleute der Leasing-Gesellschaften vor immer neue Aufgaben, die sich meist um Fragen der Leasing-Fähigkeit und der Bestimmung der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der verleasten Wirtschaftsgüter drehen. Zum Beispiel:
- „Flugzeug und Turbinen werden mitunter separat verleast – geht das auch mit einem Elektrobus und dem dazugehörigen Batteriesatz? Und wenn ja, welche Nutzungsdauern sind für Bus und Batterie anzusetzen?“
- „Wir verleasen eine komplette Windkraftanlage – Turm, Rotor, Generator, dazu Trafo- und Übergabestation mit Verkabelung und Zuwegung. Wird das einheitlich bilanziert und abgeschrieben?“
- „Unser Kunde will seine Produktionshalle mit einer energieeffizienten LED-Beleuchtungsanlage ausstatten. Was müssen wir bei einer Leasing-Lösung steuerlich beachten? Welche Vertragslaufzeiten können wir anbieten?“
„Es kommt drauf an...“
Wie so oft in der Juristerei und insbesondere im Steuerrecht lassen sich die typischen steuerlichen Fragen etwa zur Leasing-Fähigkeit von Gebäudeeinbauten oder zur Abgrenzbarkeit einzelner Wirtschaftsgüter nicht einheitlich beantworten. Angesichts der Vielzahl von Kriterien und stark kasuistisch geprägter Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung können kaum grundsätzliche Aussagen getroffen werden. Die Beurteilung muss vielmehr stets unter Berücksichtigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls erfolgen.
Rainer Steinbach, Vorsitzender des Bilanz- und Steuerausschusses des BDL:
Allein die ‚Gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen‘ umfassen rund 35 Seiten mit einer Vielzahl an technischen Details. Bei Photovoltaikanlagen muss beispielsweise für bestimmte steuerliche Fragestellungen unterschieden werden, ob sie ‚dachintegriert‘ oder auf das Dach aufgesetzt sind. Richtig schwierig wird es, wenn unbestimmte Rechtsbegriffe ohne Interpretationshilfe der Finanzverwaltung ins Spiel kommen. So kommt es etwa bei der Frage, ob Fahrzeug und Batterie zwingend ein einheitliches Wirtschaftsgut bilden, u. a. auf die ‚Verkehrsanschauung‘ an. Diese kann sich naturgemäß im Zeitablauf ändern, sodass sie im Einzelfall oftmals nur schwer –
geschweige denn rechtssicher – bestimmt werden kann.
Pragmatismus ist gefragt
Angesichts der Komplexität der steuerlichen Sachverhalte und immer kürzerer Innovationszyklen kommt auch die Finanzverwaltung im Bestreben um Rechtssicherheit an ihre Grenzen.
BDL-Geschäftsführer Dr. Martin Vosseler:
Früher wurden die betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauern in den AfA-Tabellen auf der Grundlage von ‚Erfahrungen der steuerlichen Betriebsprüfung‘ festgelegt. Heutzutage sind Wirtschaftsgüter, die einem hohen Innovationsdruck unterliegen, womöglich längst wieder vom Markt, bis solche ‚Erfahrungen‘ überhaupt vorliegen. Mitunter behilft man sich mit Pragmatismus. Für verschiedenartige Ladevorrichtungen für E-Mobilität wird generell eine AfA-Dauer von sechs bis zehn Jahren nicht beanstandet. Die Nutzungsdauer von Computerhardware und Software wurde sogar einheitlich auf 12 Monate abgesenkt – vom Laptop bis zum ERP-System.
Der BDL erkennt diesen Pragmatismus an. Hinsichtlich der 12-Monats-AfA konnte mittlerweile im konstruktiven Dialog mit den Finanzbehörden eine zweckmäßige Lösung für die bilanzielle Zurechnung verleaster Digitalgüter nach den Leasing-Erlassen gefunden werden. Auch im Schreiben des Bundesfinanzministeriums zum neu eingeführten Nullsteuersatz für Umsätze im Zusammenhang mit Photovoltaikanlagen wurden Vorschläge des BDL aufgegriffen, die zu mehr Rechtssicherheit für die Anwendungspraxis führen. Die darin zum Ausdruck kommende aufgeschlossene Haltung von Politik und Verwaltung für steuerliche Belange im Zusammenhang mit Transformationsinvestitionen bleibt weiterhin eine maßgebliche Voraussetzung für die verträgliche Umsetzung des gemeinsamen Ziels einer nachhaltigen, klimafreundlichen und digitalisierten Wirtschaft.