Harmonisierung des EU-Insolvenzrechts darf Eigentumsrechte der Leasing-Gesellschaften nicht beschneiden
Im Zuge des Aktionsplans zur Förderung der EU-Kapitalmarktunion soll das materielle Insolvenzrecht der Mitgliedstaaten in ausgewählten Rechtsbereichen angeglichen werden. Die EU-Kommission hat zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Insolvenzrechts Ende 2022 einen Richtlinienentwurf vorgelegt. Im Wesentlichen enthält der Entwurf fünf Regelungsbereiche, für die jeweils Mindestanforderungen an das nationale Insolvenzrecht festgelegt werden. Dabei sind insbesondere die im deutschen Recht bisher unbekannten Regelungen zum Pre-Pack-Verfahren und zum vereinfachten Insolvenzverfahren für Kleinstunternehmen von besonderer Relevanz für Leasing-Gesellschaften.
Im Rahmen einer öffentlichen Konsultation hatte sich der BDL bereits im Vorfeld dafür stark gemacht, die Gläubigerinteressen der Leasing-Gesellschaften zu schützen. Zudem wurde verdeutlicht, dass die weitere Harmonisierung von Kernaspekten des materiellen Insolvenzrechts nicht dazu führen darf, Leasing-Gesellschaften in ihren Eigentumsrechten zu beschneiden. Denn dies kann dazu führen, dass viele Leasing-Finanzierungen gerade für den Mittelstand nicht mehr darstellbar sind.
Pre-Pack-Verfahren
Mit dem sogenannten Pre-Pack-Verfahren soll der Verkauf von Unternehmen bzw. Unternehmensanteilen aus der Insolvenzmasse im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens vorbereitet werden. Der Entwurf sieht vor, dass betriebsnotwendige Verträge auch ohne die Zustimmung des Gläubigers automatisch auf den Käufer übergehen. Der BDL hat in seiner Stellungnahme zum Richtlinienentwurf betont, dass eine Übertragung betriebsnotwendiger Leasing-Verträge ohne Zustimmung des Leasing-Gebers im Pre-Pack-Verfahren grundsätzlich abzulehnen ist. Für die Gesamtheit der Gläubiger würde dies einen nicht zu rechtfertigenden Verstoß gegen die Vertragsfreiheit bedeuten. Für regulierte Finanzdienstleistungsinstitute kommt hinzu, dass ein erzwungener Schuldnertausch aus aufsichtsrechtlichen Gründen nicht möglich ist. Denn Leasing-Gesellschaften sind insbesondere aufgrund des Kreditwesengesetzes (KWG) sowie des Geldwäschegesetzes (GwG) verpflichtet, ihre Vertragspartner zu prüfen („KYC-Prozess“), bevor sie eine Geschäftsbeziehung eingehen. Eine Übertragung von Kredit- und Finanzdienstleistungsverträgen muss daher zwingend von der Zustimmung des Gläubigers abhängig gemacht werden.
Auch die im Pre-Pack-Verfahren vorgesehene Möglichkeit, dass Verträge von Gerichten beendet werden können, lehnt der BDL ab. „Ein Gericht wird nur schwer beurteilen können, ob die Beendigung eines Vertrages tatsächlich im Interesse des Schuldners liegt. Jedoch besteht die Gefahr, dass der Schuldner die Möglichkeit nutzt, um sich von unliebsamen Verträgen zu lösen“, kritisiert Boris Dassen, Vorsitzender des BDL-Rechtsausschusses. Zudem verstoße ein solches Recht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz der Gläubiger. Für Leasing-Gesellschaften könnte dies weitere Auswirkungen auf ihre Refinanzierungsmöglichkeiten haben. „Der BDL hat sich daher dafür ausgesprochen, die Beendigungsmöglichkeit in Gänze zu streichen.“
Vereinfachtes Verfahren für Kleinstunternehmen
Für Kleinstunternehmen soll ein vereinfachtes Liquidationsverfahren eingeführt werden. Als Kleinstunternehmen gelten Unternehmen, die weniger als 10 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen und einen jährlichen Umsatz oder eine Bilanzsumme von nicht mehr als 2 Mio. Euro haben. Diese Kriterien erfüllt der größte Teil der Unternehmen in Deutschland. Wird ein solches Kleinstunternehmen zahlungsunfähig, so soll ihm grundsätzlich ein verwalterloses, standardisiertes und digitalisiertes Verfahren zur Verfügung stehen. Verwalteraufgaben sollen von einem Gericht oder einer Behörde wahrgenommen werden.
Im vereinfachten Liquidationsverfahren sollen alle Vermögenswerte zur Insolvenzmasse gehören, die sich zum Zeitpunkt der Eröffnung des vereinfachten Liquidationsverfahrens im Besitz des Schuldners befunden haben. Die Anknüpfung an den bloßen Besitz hätte u. a. zur Folge, dass alle durch den Schuldner geleasten Objekte zur Insolvenzmasse gehören würden, obwohl diese im Eigentum der Leasing-Gesellschaft stehen. Dies ist mit den Eigentumsrechten der Leasing-Gesellschaften unvereinbar, kritisiert der BDL. Daher hat der Verband in seiner Stellungnahme darauf hingewiesen, dass im vereinfachten Liquidationsverfahren konsequenterweise an das Vermögen des Schuldners und nicht an dessen Besitz angeknüpft werden muss.
Außerdem sieht der Entwurf im vereinfachten Liquidationsverfahren die Aussetzung von Einzelvollstreckungsmaßnahmen vor. Diese Aussetzung ist an keine Voraussetzungen geknüpft und stellt einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Gläubigerrechte dar, kritisiert der BDL. Darüber hinaus muss – analog der damaligen Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie – sichergestellt sein, dass das Moratorium auf einen angemessenen Zeitraum begrenzt wird und der Leasing-Geber bei Weiternutzung des Leasing-Objektes durch den Leasing-Nehmer auch während einer Verwertungssperre einen Wertersatz in Höhe der Leasing-Raten erhält.
Konkrete Ausgestaltung verschärft praktische Schwierigkeiten
Sollte die Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Insolvenzrechts dazu führen, dass die Eigentümerstellung der Leasing-Geber nicht weiterhin adäquat geschützt wird und darüber hinaus die Refinanzierungsmöglichkeiten von Leasing-Gesellschaften erheblich beeinträchtigt werden, sind in Zukunft viele Leasing-Finanzierungen nicht mehr darstellbar,
erklärt Boris Dassen. Das Eigentum am Leasing-Objekt würde keine ausreichende Sicherheit mehr bieten, weshalb Leasing-Finanzierungen für schwächere Bonitäten nicht mehr in Betracht kämen. „Daher hoffen wir, dass sich unsere Petita in Brüssel durchsetzen, damit Leasing-Finanzierungen im Interesse von Beschäftigung, Wachstum und Investitionen weiterhin im bisherigen Umfang angeboten werden können.“